Berlin (DAV). Zurzeit wird darüber diskutiert, für die Flüchtlinge „Transitzonen“ einzurichten. Nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ist dieses Vorhaben entschieden abzulehnen. Vielmehr soll sich die Politik darauf konzentrieren, konstruktive rechtsstaatliche Lösungen für die Bewältigung der Situation zu finden. Die Flüchtlinge suchen Schutz und nicht Haft. Das Transitzonen-Verfahren stößt auf rechtsstaatliche Bedenken. Zudem widerspricht es dem humanitären Wesenscharakter unserer Verfassung.
„Die Bundesrepublik Deutschland darf das ungarische Modell nicht übernehmen, betont Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg, DAV-Präsident. Die Einführung sogenannter „Transitzonen“ für Flüchtlinge sei deshalb abzulehnen. Gerade in scheinbaren Krisen dürfe man sich nicht von rechtsstaatlichen Grundsätzen verabschieden. „Letztlich würden die Flüchtlinge grundlos in Haft genommen, um nichts anderes handelt es sich dabei“, so Schellenberg.
Ob ein Asylantrag Aussicht auf Erfolg hat oder nicht kann nur in einem gesetzmäßigen Verwaltungsverfahren entschieden werden. Die Idee der „Transitzonen“ weckt die Illusion lediglich eines „kurzen Prozesses“. Die ungarische Praxis werde inzwischen von der Mehrheit der Verwaltungsgerichte in Deutschland als menschenrechtswidrig beurteilt, und die Überstellung im Rahmen der Dublin-III-Verordnung werde durch die Gerichte gestoppt. Es sei zu befürchten, dass andere Mitgliedstaaten nachziehen. Die europaweite Errichtung von Zäunen an den Binnengrenzen wäre ein Abschied von der Europäischen Union.
Die Überlegungen sind praktisch auch nicht zu Ende gedacht. Die Flüchtlinge werden sich nicht an einem Grenzübergang anstellen, wie dies bei einem Flughafen mit Transitzonen der Fall ist. Das Grundproblem ist, dass die Belastungsgrenze der Verwaltung erreicht ist. Hier muss angesetzt werden. Es ist dringend erforderlich, die Verwaltung mit sachlichen Mitteln und Personen massiv zu verstärken, damit diese schneller auf der Grundlage unserer Verfassung handeln kann.
„Wer die Grenzen der Bundesrepublik schließen will, braucht militärische Grenzsicherungsanlagen und die Bereitschaft, diese Grenzen zu verteidigen“, warnt Schellenberg. Das könne nicht das Bild eines freiheitlichen Europas sein.
Der Aufbau dieser Lager wird nicht nur viel Zeit, sondern auch viel Geld kosten. Geld, welches an anderer Stelle fehlen wird, so der DAV.
Pressemitteilung des Deutschen AnwaltVereins vom 14.10.2015, Kanzlei Dr. Engesser, Frankfurt